Ausstellung in der Nicolaikirche
In der früheren Bartholomäuskirche befanden sich viele Grüfte. Sie stand ungefähr dort, wo sich heute der Pennymarkt befindet. In diesen Grüften wurden nur höher
stehende Persönlichkeiten beigesetzt. „Normale“ Bürgerinnen und Bürger fanden auf dem Kirchplatz vor dem Turm der heutigen Nicolaikirche ihre letzte Ruhestätte.
1840 war die Bartholomäuskirche baufällig geworden und musste abgetragen werden. Die Grüfte wurden ausgeräumt und die Särge auf den Friedhof umgebettet. Dabei wurde auch einiges Sonderbares gefunden: Der unverweste Schachtruppleichnam und möglicherweise die sterblichen Überreste des seit 1694 in Hannover (nach einer Affäre mit Sophie Dorothea, der geschiedenen Frau von Kurprinz Georg Ludwig) spurlos verschwundenen Philipp Christoph Graf von Königsmarck. Das ist eine andere Geschichte.
Allein die Mitglieder des Welfenhauses wurden überführt und fanden ihre letzte Ruhe in der Gruft der Nicolaikirche.
Zwei Söhne von Ernst-August 1629 – 1698, dem Kurfürst von Hannover,
Stammvater des Englischen und Hannoverschen Königshauses. Beide Söhne hatten sich im Primogeniturstreit scharf gegen ihren Vater Ernst-August gestellt. Die beiden wollten nämlich das Erbe genauso teilen, wie es früher in der Grubenhagener Linie üblich gewesen war, was aber sehr zu deren Schwächung beigetragen hatte. Ernst-August setzte sich gegen sie durch. Seine Söhne mussten in kaiserliche Dienste treten und wurden dann nach dem Soldatentod nicht in Hannover im Mausoleum der Welfen, sondern in der Gruft der Bartholomäuskirche in Herzberg beigesetzt.
Ebenso zwei Schwestern von Ernst-August.
Beim Abtrag der Bartholomäuskirche 1840 wurden die Särge, bzw. die Grabtafeln von folgenden Mitgliedern der Welfenfamilie in die Gruft der Nicolaikirche überführt.
Sarg vorne:
Christian Heinrich 29. September 1671 – 31. Juli 1703, ertrunken in der Donau im Spanischen Erbfolgekrieg
Sarg hinten:
Friedrich August 3. Oktober 1661 – 10. Juni 1691, gefallen in Siebenbürgen am St. Georgs-Pass als Generalmajor im Krieg gegen die Türken
Grabtafeln von Schwestern von Ernst-August
An der rechten Wand:
Magdalena 9. August 1618, geboren und gestorben.
Man fand ihren Sarg ganz und die Prinzessin in völliger menschlicher Gestalt. Sie hatte einen Myrthenkranz über dem Köpfchen und einen auf der Brust, als sie berührt wurde, zerfiel sie zu Staub und wurde daher nicht umgebettet, nur ihre steinerne Grabtafel und eine Holztafel im Metallrahmen, möglicherweise Teile ihres Sarges.
An der hinteren Wand:
Dorothea Magdalena 1629 – 1630
Zwillingsschwester von Ernst-August, fast ein Jahr alt. Von ihr wurde nur ein Schmuckbändchen im Sarg gefunden.
An der linken Wand:
Dorothea Magdalena 1629 – 1630, möglicherweise Holzteile ihres Sarges.
Was soll nun aus der Gruft werden? Sie bedarf umfangreicher Renovierungsarbeiten.
Drei mögliche Projekte könnten in Angriff genommen werden: Der Kostspieligste ist, die Zinksärge aufwendig zu restaurieren und für die Zukunft zu erhalten. Die Atemluft vieler Besucher vertragen sie nicht, Gefahr des Zinkfraßes. Die zweite Möglichkeit ist, sie einzumauern und luftdicht abzuschließen, evtl. mit einer Glasplatte über der Gruft. Diese Möglichkeit wird aus finanziellen Gründen zur Zeit vom Kirchenvorstand favorisiert.
Die dritte Möglichkeit wäre, gar nichts zu tun. Dann aber werden die Särge irgendwann einmal verloren sein.
Darum ist der Kirchenvorstand dankbar für alle Spenden, die der Erhaltung der Gruft und ihrer alten Zinksärge dienen. So auch für die Spende des Rotary-Clubs Südharz, der anlässlich eines Besuches in der Nicolaikirche sich über die Gruft und ihre Geschichte informierte.
Vielen Dank.
Seit diesem Besuch ist auch eine kleine Ausstellung über die Gruft in der Nicolaikirche zu sehen
Bernhard Sulimma