50000 Ehrenamtliche, 1000 Tafeln, 1,5 Millionen Kunden!
Seit 1993 gibt es die gemeinnützige
Hilfsorganisation »Tafel« in Deutschland, die im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verwendete Lebensmittel, welche ansonsten vernichtet würden, an Bedürftige verteilt. Ein Drittel der Betroffenen sind Kinder und Jugendliche.
Die Zahl der Tafeln in Deutschland ist in den letzten Jahren stark gewachsen: Waren es vor 10 Jahren noch 320, sind es zurzeit in Deutschland über 1000 Tafeln. Dies unterstreicht, dass diese Institution von größter Notwendigkeit ist.
Entsprechend den Grundsätzen des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V. sind Tafeleinrichtungen überkonfessionell, stehen keiner Partei nahe und helfen möglichst vielen Menschen, die es brauchen.
Es werden derzeit über 1,5 Millionen Personen im Schnitt einmal pro Woche versorgt. Mit über 50000 ehrenamtlichen Mitarbeitern gelten die Tafeln in Deutschland als eine der größten sozialen Bewegungen der heutigen Zeit.
Die Tafel in Herzberg
Herzberg hat eine Ausgabestelle der Osteroder Tafel im Martin-Luther-Haus, und zwar dienstags und freitags von 11.15 – 12.00 Uhr. Verantwortliche Ansprechpartner hierfür sind Cordula Gaebel (05521 71816) und Frau Dr. Gisa Schäfer (05521 2375).
Die Finanzierung der Tafel-Arbeit läuft ausschließlich über Mitglieder, Sponsoren und Spender. In Herzberg sind alle kath. und evang. Gemeinden aktiv in der Tafel engagiert, was allerdings nicht heißt, dass andere Glaubensrichtungen nicht von ihr partizipieren.
Unsere Redaktion unterstützt dieses Engagement für notleidende Menschen unserer Stadt mit einem Spendenaufruf und einem informativen Interview mit Dr. Schäfer.
Jürgen Illgen
Interview mit Frau Dr. Gisa Schäfer von der Tafel in Herzberg
Wöchentlich zweimal versorgt die Osteroder Tafel in Herzberg Menschen unserer Stadt, die am Existenzminimum stehen, bei denen es oft »vorne und hinten« nicht reicht. Wie viele Familien sind es inzwischen und aus welchen gesellschaftlichen Verhältnissen stammen sie?
Frau Dr. Schäfer: Wir versorgen im Moment 57 Haushalte. Darunter sind zum Teil alleinstehende Personen, aber auch Familien mit bis zu sechs Kindern. Es kommen Hartz IV-Empfänger, Asylbewerber, aber auch eben Rentner mit Grundsicherung. Von unseren Kunden sind nur 10 Haushalte von nichtdeutscher Herkunft.
Gesellschaftlich gesehen nutzen beispielsweise Frauen unsere Institution, die durch Scheidung finanzielle Engpässe überwinden müssen, größtenteils Frauen mit Kindern. Aber auch Männer, deren Betrieb Konkurs gegangen ist, sowie Kranke, welche aus dem Arbeitsprozess herausfallen, zählen dazu.
Glauben Sie, dass die Bedürftigenzahl ausgeschöpft ist, und wenn nein, woran, denken Sie, liegt es, dass Menschen an der Armutsgrenze Ihre Hilfe auch oft nicht annehmen?
Frau Dr. Schäfer: Es gibt Schätzungen, nach denen nur 10 % der Bedürftigen zur Tafel gehen. Der Rest, oft gerade Rentner, die sehr mühsam über die Runden kommen, meidet uns. Das hat zwei wesentliche Gründe: Einmal ist die Schamgrenze für den Tafelgang sehr hoch, andererseits ist ein Teil der Betroffenen aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage zu kommen.
Wieviel Menschen engagieren sich in Ihrem Projekt und wovon werden eventuelle Kosten bestritten?
Frau Dr. Schäfer: Zurzeit sind wir 18 Helfer im Team. Jedoch sind wir nicht immer alle gleichzeitig da. Wir wechseln uns ab. Finanziert wird unser Projekt, indem der notwendige Geldbetrag an die Osteroder Tafel bezahlt wird, d. h. unsere Kunden bestellen zum jeweiligen Tag, bezahlen dann im Voraus und erhalten schließlich am Ausgabetag ihre Lebensmittelkiste. Eine Kiste kostet 3 Euro. Im Voraus bezahlt wird hauptsächlich deshalb, weil vormals viele bestellte Kisten nicht abgeholt wurden. Aber dieser Kostenbeitrag unserer Kunden reicht natürlich noch lange nicht aus, um die gesamten Kosten der Tafel zu decken. Die Spendenfreudigkeit ist derzeit sehr begrenzt. Barspenden werden dringend benötigt.
Was bewegt Sie persönlich bezüglich der Tafel und welche Gründe hatten Sie, sich hierfür zu engagieren?
Frau Dr. Schäfer: Mein Hauptgrund war, dass viele verwertbare Lebensmittel einfach vernichtet werden. Zum Engagement kam es dann, als mich Dr. Herrmann von der Osteroder Tafel darauf aufmerksam machte, dass viele Herzberger Kunden in Osterode gewesen sind. Da lag es nahe für mich, an der Einrichtung einer Auspackstelle in Herzberg mitzuwirken.
Was sagen Sie Menschen, die behaupten, dass der Großteil der Lebensmittel bei der Tafel von schlechter Qualität sei und oft vom Mindesthaltbarkeitsdatum her abgelaufen sei?
Frau Dr. Schäfer: Das Wesen der Tafel ist es, Lebensmittel anzubieten, die im Supermarkt keine Verwendung mehr finden. Beispiele dafür sind Obst mit Druckstellen, Knickeier oder Milch und Milchprodukte, die kurz vorm Ablauf dieses Datums stehen. Das heißt jedoch nicht, dass diese Waren für den Verzehr ungeeignet sind. Im Gegenteil. Zum Beispiel kann Joghurt noch bis zu 3 Tage später gegessen werden. Die Osteroder Tafel ist darüber hinaus verpflichtet, Lebensmittel herauszugeben, die noch zum Verzehr geeignet sind. In Eigenverantwortung kann jeder Kunde zudem nochmal die Lebensmittel überprüfen. Das ist uns auch sehr wichtig. Schließlich muss erwähnt werden, dass die Ausgabestelle in Osterode vom Gesundheitsamt stichprobenartig überprüft und kontrolliert wird, und wir die erforderliche Kühlkette durch den Transport im Kühlwagen einhalten.
Bald ist wieder Weihnachten. Ist zu dieser Zeit etwas anders bei Ihrem Projekt?
Frau Dr. Schäfer: Ja, es melden sich einfach mehr Kunden an. Außerdem bekommen wir mehr Spenden, sowohl Bar- als auch Lebensmittelspenden. Von uns werden darüber hinaus auch kleine Päckchen für die betroffenen Kinder gepackt.
Welche Stimmungen haben Sie bei den auf Hilfe angewiesenen Menschen grade zu dieser Zeit in Erinnerung?
Frau Dr. Schäfer: Die Stimmungen sind nicht anders als sonst auch.
Was würden Sie sich für die Weihnachtszeit für die Nutzer der Tafel wünschen?
Frau Dr. Schäfer: Im Prinzip...dass wir nicht mehr so viele Kunden haben, dadurch dass sich die Armut in der Stadt verringert. Gut wäre auch ein Mittagstisch, wie es ihn in Osterode schon gibt. Und schließlich: Ein Fahrdienst, mit dem Kunden erreicht werden können, die nicht die Möglichkeit haben, zur Tafel zu kommen.
(Das Interview mit Frau Dr. Gisa Schäfer führte Jürgen Illgen)
Spenden für die Osteroder Tafel:
Sparkasse Osterode am Harz
Bankleitzahl: 263 510 15
Kontonummer 120 034 889
Volksbank im Harz
Bankleitzahl:268 914 84
Kontonummer: 1900340400
Direktspenden f. d. Herzberger Aus
gabestelle oder Lebensmittelspenden
zu den Ausgabeterminen Di/Fr 11.15
– 12.00 Uhr im MLH, Heidestr.14